Neulich war ich wieder etwas in den Tiefen von Youtube unterwegs. Um genauer zu sein habe ich mir ein paar alte Konzerte von Jimi Hendrix angeschaut. Unglaublich talentierter Mensch. Jedoch geht [...]
Neulich war ich wieder etwas in den Tiefen von Youtube unterwegs. Um genauer zu sein habe ich mir ein paar alte Konzerte von Jimi Hendrix angeschaut. Unglaublich talentierter Mensch. Jedoch geht es nicht darum, sondern eher um einen Kommentar, den ich unter dem Video gesehen habe, welcher in mir etwas Wut und Demut ausgelöst hat. Der Kommentator beschrieb, wie sehr er doch gerne in den 60ern aufgewachsen worden wäre. Der Kommentator beschrieb sich außerdem selbst als 18-Jährigen, der wohl mit der "heutigen Musik" nichts anfangen kann und alles dafür tun würde, um in den 60ern groß geworden zu sein.
Nun ich finde solche Gedanken sehr schwachsinnig, denn ich bin der Überzeugung, dass wir derzeit in der besten Zeit der Menschheitsgeschichte leben und man dankbar dafür sein sollte. Neben den Fakt, dass die 60er wirklich eine depressive Zeit nach dem 2. Weltkrieg waren, kann ich natürlich nicht bestreiten wie wertvoll und prägend diese Zeit kulturell im Westen war. Jimi Hendrix, The Beatles, The Doors, Bob Dylan und The Rolling Stones sind nur die Spitze der musikalischen Einflüsse, die extrem prägend für die kommenden Jahrzehnte der musikalischen Landschaft mindestens des Westens waren. Von anderen Künstlern in anderen Bereichen wie Andy Warhol und der gesamten Pop Art-Bewegung will ich gar nicht anfangen. Die 60er sind was ganz besonderes, das bestreite ich gar nicht.
Was mich jedoch an solchen Gedankengängen sehr stört ist, dass wir in der nahen Zukunft dieser Zeit sind und die Möglichkeit haben diese Dinge trotzdem, auch wenn wir nicht live vor Ort waren, mitzuerleben. Wir haben sogar viel mehr. Wir haben nicht nur die 60er, die wir uns retrospektiv anschauen, genießen und hören können, nein, wir haben noch die 70er, die 80er, die 90er, die 00er und die 10er und den gesamten Rest der Menschheitsgeschichte vor den 60ern, die wir uns anschauen können. Solche Gedankengänge suggerieren irgendwie, dass wir diese Dinge verpasst hätten. Klar haben die Menschen vor Ort diese Sachen ganz anders gefühlt. Aber wer versichert denn, dass dieser 18-Jährige auch ein Fan dieser Musik wäre, wenn er in den 60ern dabei wäre?
Ich meine um früher Musik zu hören, musste man in einen Plattenladen gehen. Das heißt, man war direkt geografisch beschränkt. Man hatte nur die Auswahl der Platten, die in den Musikläden der eigenen Stadt vorhanden waren (wenn es überhaupt welche gab). Nicht nur war man auf die Läden beschränkt nein, man war auch noch auf die physische Existenz der Platten im jeweiligen Laden und zur jeweiligen Besuchszeit, in dem man war, begrenzt. Und dann hatte man die Möglichkeit anhand der Cover zu entscheiden, welches Album man nun mitnahm.
Natürlich gab auch Freunde, Magazine und Fernsehstationen, die gewisse Musik aufklärten, sodass man dadurch auf neue Musik stoß. Was ich aber sagen will ist, dass man durch das Internet im Prinzip absolute Freiheit hab. Keinen monopolartigen Sender wie MTV, der sich am Anfang weigerte Michael Jackson zu spielen, weil er schwarz war und somit "zu urban" war. Es gibt keine "Gatekeeper" mehr, die entscheiden was du siehst, die Künstler komplett schaffen und abschaffen können, die entscheiden wer da ist und wer nicht. Jeder kann seine Musik im Internet hochladen und Anklang finden.
Wir leben in so einer besonderen Zeit, dass wir uns aus allen Musikrichtungen, die es gibt und je gab die jeweilige heraussuchen können, die uns gefällt. Keine Mittelmänner mehr. Freiheit. Macht.
Ich finde es erstaunlich arrogant und naiv zu denken, dass man wirklich auch in den 60ern ein Fan von Jimi Hendrix wäre. Der 18-Jährige, der den Kommentar schrieb, kann nun nur durch einen Fingerklick sich die gesamte Diskografie von Jimi Hendrix anschauen. Was das für ein Aufwand in den 60ern wäre, maß ich mir gar nicht an vorstellen zu können. Unfassbar.
Ich kann zu jeder Zeit, egal ob um 12 Uhr mittags in meiner Pause oder um 3 Uhr nachts, mir alle Informationen zu Jimi Hendrix durchlesen und ihn womöglich besser verstehen als der ein oder andere aus den 60ern, der auf den nächsten Magazinartikel oder das nächste Fernsehinterview warten musste.
Das alles ist nur ein Beispiel warum wir in der besten Zeit der Menschheitsgeschichte leben. Wir hätten auch nur 200-300 Jahre früher geboren worden können und hätten gar nichts erlebt und hätten ein absurd schreckliches Leben. Der ein oder andere denkt sich jetzt vielleicht, dass 200-300 Jahre etwas übertrieben seien, aber es ist sogar untertrieben! Denn wenn man sich denn mal die Existenz des Universums anschaut, in dem wir leben, sind 300 Jahre wirklich haarscharf dran an unserer Zeit. Ich meine es ist ein absolutes Wunder, dass wir genau in der Zeit, in dem kleinen Tropfen des Ozeans der Zeit des Universums geboren worden sind, dass wir das faszinierende Internet erleben dürfen.
Jeder kann einfach so unter den Fingern, das gesamte Wissen der Menschheitsgeschichte abrufen. Und was machen wir, wir beschweren uns, warum wir nicht in den 60ern geboren worden sind und nicht Jimi Hendrix bei fucking Woodstock erleben durften. Ich kann mir die fucking Woodstock-Performance auf Youtube anschauen. Wir verrückt ist dieses Konzept überhaupt. Ich bin unbeschreiblich froh heute am Leben sein zu dürfen und all das mitzuerleben.
Und über die ganzen anderen Vorteile, die wir dank des Internets miterleben und nutzen können, will ich gar nicht erst anfangen. Das Thema ist so groß, dass ein eigener Artikel dafür nötig ist. Ich tease mal kurz an, dass JEDER die Möglichkeit hat heutzutage sich finanziell zu befreien und das zu machen, was er wirklich will und womöglich sogar Resonanz findet. Tausende Kinder verdienen unfassbar viel Geld für Lets Plays...
Bevor wir uns das nächste Mal wieder über das Internet und Social Media beschweren wollen, lasst uns das nächste Mal einfach nur froh sein so einen monumentalen Wandel der Menschheit miterleben zu dürfen. Das Internet gleicht der Erfindung des Rades, wenn man den Einfluss aufs Leben vergleicht. Faszinierend.
@studenOfNone